Landesnachrichten
Zeitschrift der Deutsch-Finnischen Gesellschaft Nordrhein-Westfalen e.V.
Nr. 90 - Mai 1998

Lappland kurzgefaßt

Lage.
Lappland ist ein Teil des fennoskandinavischen Gebietes, bekannt als Kalotte, deren Südgrenze in der Nähe des Polarkreises verläuft. Die Nachbarländer sind Norwegen, Schweden und Rußland
Gebiet.
Lappland ist 98.937 qkm groß, etwa 30 % der Gesamtfläche Finnlands. In Lappland gibt es 93.057 qkm Land- und 5.880 qkm Wasserfläche.
Bevölkerung.
In Lappland leben 203.000 Menschen. Die Bevölkerungsdichte beträgt 2,2 Personen/qkm (Gesamt-Finnland 16,7 E/qkm). Lapplands Urbevölkerung sind die Sámi mit ca. noch 6.000 Personen.
Städte, Dörfer und Ferienzentren.
Lapplands Verwaltungshauptstadt ist Rovaniemi mit 34.400 Einwohnern. Die anderen Städte in Lappland sind Kemi (25.100 Einw.), Tornio (23.300 Einw.) und Kemijärvi (12.100 Einw.). - Die Provinz Lappland hat 18 Gemeinden: Simo, Ranua, Posio, Keminmaa, Tervola, Rovaniemi Landgemeinde, Salla, Pelkosenniemi, Savukoski, Sodankylä, Kittilä, Inari, Utsjoki, Ylitornio, Pello, Kolari, Muonio, Enontekiö. - Die beliebtesten Winterferienziele sind Rovaniemi, Saariselkä, Pyhä-Luosto, Salla, Ylläs, Levi, Pallas-Olos und Hetta-Kilpisjärvi, die alle auch ganzjährig in Betrieb sind.
Klima.
Lappland gehört zur kontinentalen Klimazone, charakteristisch sind die schneereichen Winter und die durch den Golfstrom relativ warmen Sommer. Die Jahreszeitenwechsel in Lappland sind einschneidend. Neben Frühling, Sommer, Herbst prägt die Region der fast halbjährige Winter. Die Tage sind im Winter am kürzesten; während der frühwinterlichen Kaamoszeit scheint die Sonne nur wenige Stunden, dagegen im Frühjahr bereits etwa 10-14 Stunden.

Mehr Informationen:
Lapland Travel Marketing
Fax: 00358-16-312743

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Am Polarkreis
ROVANIEMI

Stadt aus der Wildnis
Die Wellen der Ostsee umspülten noch den Ounasvaara, als vor etwa 8.000 Jahren die ersten „Touristen” in das Gebiet von Rovaniemi kamen: Nomaden und Halbnomaden. Es war ein Teil des Landes der Sámi, als finnische Jäger und Sammler aus dem Süden und Osten kamen. Sie entdeckten die Gunst des Zusammenflusses zweier großer Ströme, des Ounasjoki und des Kemijoki, als günstigen Handelsplatz. Schon im 10. Jahrhundert trafen sich hier Fischer, Jäger sowie Kaufleute, die Pelze für den Süden einkauften. Urkundliche Erwähnung erfährt Rovaniemi im Jahre 1490. Der Name kommt wohl aus dem sámischen „Roaiovvi”, was soviel wie „abgebrannter Ort” heißt; der Siedlung ging offenbar eine Brandrodung voraus. Es dauerte einige Zeit bis im Jahre 1785 Rovaniemi selbständiges Kirchspiel wurde. Ein kräftiger Wachstumsimpuls für Rovaniemi war dann die beginnende Nutzung der natürlichen Reichtümer Lapplands im 19. Jahrhundert: Arbeitsplätze in der Waldwirtschaft aber auch das Goldfieber zogen Tausende von Menschen in den Norden. Der Straßenbau entwickelte sich, zu Anfang dieses Jahrhunderts wurde noch in russischen Zeiten die Eisenbahnverbindung nach Rovaniemi hergestellt. Rovaniemi fing an, zu einem administrativen, kulturellen und kommerziellen Zentrum der Provinz Lappland zu wachsen.
Das neue Rovaniemi
Der Wiederaufbau des im Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstörten Ortes Rovaniemi begann im Jahre 1946 unter Einbeziehung eines Planes des berühmten finnischen Architekten Alvar Aalto. Von Aalto, dessen 100. Geburtstag sich in 1998 jährt, stammen die Provinzialbibliothek (1965) und das Verwaltungs- und Kulturzentrum „Lappia-Haus” (1975).
Lappland ist auch heute noch ein reiches Land für Entdecker. Einst kamen Wildmarkgänger, Flößer und Goldgräber auf unbekannten Wegen; heute reist man bequem mit dem Auto, dem Zug oder dem Flugzeug an. Die arktische Stadt Rovaniemi ist Treffpunkt für viele Aktivitäten vor Ort aber auch Ausgangspunkt für die weitere Erschließung der Nordkalotte.
Die Ounasjoki-Route
Ein Weg führt längs des Ounasjoki zunächst durch Hügel- und Moorgebiete bis Kittilä und geht dann über in ein großartiges Fjällgebiet. Der berühmte Pallas-Ounas-tunturi-Nationalpark begleitet den Reisenden bis Enontekiö an der norwegischen Grenze. Eine andere Route führt von Kittilä aus über den westlichen Nordarm Finnlands an den Grenzort Kilpisjärvi.
Die Eismeerroute
Die etwas 1.000 km lange Eismeerroute zielt auf das Nordkap, einem meist nebeligen Touristenmagnet jenseits der finnischen Grenze. Man reist durch Waldlappland bis Sodankylä und weiter vorbei am Urho- Kekkonen-Nationalpark mit seinen großartigen Wander- und Angelmöglichkeiten. In Tankavaara hat man ein touristengerechtes Golddorf entstehen lassen, der Kaunispää in der Saariselkä-Region lädt ein zu einem herrlich Rundblick über die lappländische Fjällandschaft. In Inari lohnt sich ein längeres Verweilen. Das Sámi- Museum ist eines der bedeutendsten Museen in Nordlappland, und wer Mythen mag, begibt sich per Wasserbus etwa 10 km auf den Inari-See hinaus zum Ukonkivi. Nach Überlieferung der Sámi war diese steile, buckelartige Felseninsel eine ehemalige Wohnstätte der Götter.

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Das Arktikum - Pforte zum Norden

Das Arktikum in Rovaniemi ist ein Wissenschaftszentrum und Museum, das sich ganz auf die arktischen Regionen konzentriert. Es zeigt die Lebensbedingungen der Völker nördlich des Polarkreises, ihr Brauchtum und ihre Kulturen, ihre Geschichte sowie die Natur, in der sie leben.
Das darzustellende und zu erforschende Gebiet hat gewaltige Ausmaße. Es erstreckt sich über eine Fläche von max. 21 Millionen Quadratkilometer, und seit über 10.000 Jahren gibt es hier menschliche Besiedlung. Ein besonderer Kapitel ist die Natur dieser nördlichen Regionen. Wir treffen hier auf Gebirge, Gletscher, Urwälder und die unendliche Weite der Tundra. Und die klimatischen Bedingungen der Region finden in den Pflanzen, Tieren und auch in den Menschen ihren deutlichen Ausdruck.
Arktisches Zentrum und Museum der Provinz Lappland unter einem Dach
Unter dem Glasgewölbe des Arktikums arbeiten zwei eigenständige Einrichtungen, das Arktische Zentrum und das Museum der Provinz Lappland. Das Arktische Zentrum ist ein eigenes Institut der Universität von Lappland, dessen Forschungsschwerpunkt die gesamte arktische Region ist. Hier erhält man Informationen über die Jagdweisen der Inuit oder die Erschließung der sibirischen Naturschätze. Das Museum der Provinz Lappland wiederum beschäftigt sich mit der Natur und Kultur von Lappland.
Forschungs- und Ausstellungsgegenstand des Museums der Provinz Lappland ist die lappländische Natur und die unter ihrem Einfluß entstandene kulturelle Tradition der Bewohner von Lappland. Die Ausstellung hat den programmatischen Titel „Überlebenskünstler". Sie schildert anschaulich das Leben der Menschen unter den hier herrschenden harten äußeren Bedingungen.
Die Ausstellung verbindet in mitreißender Weise Bilder, Gegenstände der materiellen Kultur, Ton und Bewegung. Es werden jahrtausende alte archäologische Funde, Nachrichtenfilme aus den vergangenen Jahrzehnten und aufschlußreiche Beweise dafür gezeigt, wie der Strukturwandel der Gegenwart die Bewohner des hohen Nordens ergriffen hat.
Die Ausstellung ist in drei Teile untergliedert. Im ersten wird die Geschichte von Rovaniemi, im zweiten die Region Hinterbottnien und im dritten Teil die Kultur der Lappen oder - wie sie sich selbst nennen - der Sámi, der Ureinwohner des Gebietes, dargestellt. Aber es werden auch schroffe Gegensätze gezeigt: Während der Anblick der farbenfrohen Trachten eines sámischen Hochzeitspaares den Besucher entzückt, verstummt er vor dem Modell des im Zweiten Weltkrieg fast völlig zerstörten Rovaniemi in ehrfürchtigem Andenken.
Ein Besuch des Arktischen Zentrum ist wie eine Expedition in die nördlichsten Regionen der Welt. Hier werden die Natur und das Leben der nordischen Völker in der Vergangenheit und Gegenwart dargestellt. Ganz nebenbei lernt der Besucher auch noch viele Neues. Er erfährt, wo der magnetische Nordpol liegt, wie viele Benennungen die Inuit für den Schnee kennen oder welche Ausrüstungsgegenstände sie für die Seehundjagd benötigen.
Und dabei werden die Informationen auf anschauliche Art präsentiert - mit Schaubildern, Tondokumenten, Filmen und unter Einsatz von multimedialer Technik. Die Vitrinen zeigen Werkzeug, Geschirr und Kleider. Zahlreiche Ausstellungstafeln verfügen über Schalter und Tasten, mit Hilfe derer man bestimmte Dinge selbst darstellen kann.
Die Zukunft der Regionen im hohen Norden liegt ganz in der Hand des Menschen. So berichtet das Arktische Zentrum auch über die Ausbeutung der gewaltigen Naturschätze und die damit verbundenen Risiken.
Sowohl im Arktischen Zentrum als auch im Museum der Provinz Lappland werden auch wissenschaftliche Forschungsarbeiten geleistet. Die hier tätigen Wissenschaftler stehen in ständigem Kontakt mit ihren Kollegen in allen Teilen der nördlichen Halbkugel, so daß die Früchte ihrer Arbeit uns allen zukommen.

Arktikum
Pohjoisranta 4
FIN-96200 Rovaniemi
Tel. 00358-16-317840
Fax: 00358-16-317843

http://levi.urova.fi/~arktinen/arktikum.htm

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Juni 1998 bis Januar 1999
Wikinger zu Gast im Arktikum

Vikinger! Geschichten, Mythen, Gold- und Silberschätze, Reisen - die große nordische Ausstellung „Vikings“ erobert das Arktikum-Haus von Juni 1998 bis Januar 1999. Es handelt sich um eine Gemeinschaftsausstellung des Arctic-Zentrums und verschiedener nordischer Museen; viele Schätze werden zum ersten Mal der Öffentlichkeit zugänglich.
Die Viking-Ausstellung zeigt Verbindungen zwischen Ost und West in Nordeuropa vor über tausend Jahren. Die Skandinavier, bekannt für ihre Brutalität, weiteten damals ihre blutigen Raubzüge von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer aus. Einnahmen aus dem Sklavenhandel und Gold- und Silberschätze brachte man heim in den Norden.
Die Ausstellung präsentiert nun nahezu 400 handwerkliche Kunstgegenstände des 9. bis 12. Jahrhunderts.

Der Eintritt liegt bei FIM 50, bei Gruppen über 15 Personen FIM 40. Führungen sind möglich.

Eine Besonderheit ist die Viking-Tour (FIM 160/ Person). Hägar der Schreckliche oder sein Kumpan teilen die Gruppe in Teams. Die Teilnehmer erhalten eine Schatzkarte mit Runen-Schrift und müssen verschiedene Aufgaben zur Geschichte, zu den Siedlungen und zu den Gewohnheiten der Wikinger lösen. Zum Schluß des Abenteuers darf man sich selbst eine Viking-Münze als Souvenir schlagen.

http://www.urova.fi/~arktinen/vikings.htm

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Polarkreis
Wo die Sonne im Sommer nicht untergeht

Nord- oder Südpol, der Äquator, die Wendekreise und die Polarkreise, alle diese Erscheinungen basieren auf den gleichen astronomischen Fakten: die Erdumlaufbahn um die Sonne, der Neigungswinkel der Erd- achse und dessen Relation zur Umlaufbahn.
Der Polarkreis wandert
Die wellenartige Bewegung des Polarkreises ist die Summe von verschieden Intervallen von Einzelbewegungen. Die wichtigsten dieser Bewegungen sind Intervalle von zwei Wochen, einem halben Jahr, 18 Jahren und von 41.000 Jahren.
Im Augenblick sind wir in dem Bereich, wo der Polarkreis in Bezug auf das längste Intervall noch für die nächsten 10.000 Jahre in den Norden zieht, ca. 14-15 m pro Jahr. Im 18-jahres-Intervall befinden wir uns jetzt auf dem Wellengipfel, während der nächsten 9 Jahre wandert der Polarkreis 450 m in den Süden und während der darauf folgenden 9 Jahre wieder 700 m in den Norden. Der Polarkreis kann sich an einem Tag um einen Meter versetzen, jährlich um über hundert Meter. Wenn wundert’s, wenn man da die vielen Polarkreis- Schilder an der Eismeerstraße sieht. Irgendeines ist immer richtig, nur welches in welche Jahr?
Punktgenaue Landung im Jahr 2000
Der Flugplatz von Rovaniemi ist der einzige Flugplatz der Welt, der sich auf dem Polarkreis befindet. Die Position wird besonders zur Jahrtausendwende interessant. Gerade dann bewegt sich der Polarkreis direkt durch den Schnittpunkt der Landebahnen des Flugplatzes.
Neujahr 2000 auf dem wandernden Polarkreis - das ist es!
nach: Finnland, Lappland Erlebnis, Sommer 1998, Lapland Travel Marketing, Rovaniemi

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Nordlichter
Revontulet

Nordlichter sind Erscheinungen, die man im nördlichen wie im südlichen Polargebiet in klaren, dunklen Nächten beobachten kann.
Das Licht entsteht normalerweise in der Höhe von etwa 100 Kilometern, wenn Elektronen und Protonen aus dem Magnetfeld der Erde mit Luftmolekülen zusammenstoßen. Diese geben dann einen Teil ihrer zusätzlichen Energie in der Form des Lichtes ab. Das normalerweise grüngelbe oder manchmal rote Nordlicht rührt vom Sauerstoff der Atmosphäre her, das blaue oder violette vom Stickstoff.
In Rovaniemi sind in fast jeder zweiten Nacht Polarlichter zu sehen, am häufigsten im September - Oktober und wieder im Februar - März. Ab 21 Uhr lohnt es sich einen Blick auf den Himmel zu werfen, die beste Zeit ist allgemein vor Mitternacht.
Inzwischen gibt es sogar eine Nordlicht-Vorhersage: das für Nordfinnland zuständige meteorologische Institut macht’s möglich.
nach: Travel Rovaniemi, Winter ‘97

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Nicht nur zu Weihnachten
Joulupukki ist täglich präsent

Im Werkstattdorf am Polarkreis ist Weihnachten das ganze Jahr hindurch. In der Kammer des Weihnachtsmannes kann man persönlich den Weihnachtsmann treffen, sogar mitten im Hochsommer. Man kann ihm seinen Wunschzettel geben, mit ihm eine Weile plaudern oder - wenn man möchte, sich gemeinsam mit ihm photographieren lassen.
Im Werkstattdorf ist auch das offizielle Postamt des Weihnachtsmannes zu finden; von hier aus kann man Freunden und Bekannten Postkarten mit einem Sonderstempel vom Polarkreis schicken oder einen Brief des Weihnachtsmannes ordern, der dann rechtzeitig zum Fest verschickt wird.
In den zahlreichen Fachgeschäften des Weihnachtsdorfes werden eine große Zahl an lappländischen Produkten angeboten: Handarbeiten, Messer, Schmuck, Lederwaren, Glasprodukte und Textilien.

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Santapark
Höhlenwelt am Polarkreis

Vom Korvatunturi zum Syväsenvaara
Weihnachten 1998 soll es soweit sein: „Santapark“ mit weihnachtlichen Themen präsentiert sich in einer 8.000 qm großen Höhle, die man nahe Rovaniemi in den Felsen gesprengt hat.
Eigentlich ist der Weihnachtsmann ja am Korvatunturi (Ohrenberg) zu Hause, dem Berg, der wirklich so aussieht, als ob zwei Ohren sich aus der Erde erheben würden, um zu lauschen, was in der Umgebung geschieht. Und von hier aus kann der Weihnachtsmann „hören“, was die Kinder sich wünschen.
„Mein Zuhause ist ein geheimer Ort“, so der Weihnachtsmann, „um Leute zu treffen, benötige ich eine Stadtwohnung und die ist am Polarkreis neun Kilometer nördlich von Rovaniemi.“
Die Weihnachtswelt an der Eismeerstraße wird jetzt um eine Höhlenwelt erweitert, die bis zu 4.000 Besucher am Tag anziehen soll. Ein 200 Meter langer Gang führt in die Zentralhalle der tiefen Höhle (Durchmesser 33 Meter, Höhe 11 Meter), von der man über vier Gänge in eine 17 Meter breite ringförmige Halle wechseln kann. Das Angebot ist vielfältig: Schlitten- und Rentierbahn, Klettergelände, Puppen- und Multimediatheater, ein Ausstellungsraum und anderes mehr.
Geplant wurde der nordische Vergnügungspark von den Engländern Bruce E. Carter und Keith H. Sparks. Die Kosten des ganzen Projekts werden auf 90 Millionen Finnmark geschätzt, die finnische Post und Finnair wollen sich an diesem Projekt finanziell beteiligen.
Wen der arktische Rummel stört, kann sich damit trösten: die Höhle kann auch als ziviler Luftschutzraum genutzt werden.
nach: Travel Rovaniemi, Winter ‘97

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Fremdenverkehr in Finnland und Finnisch-Lappland 1997
Deutsche zieht es nach Lappland
von Bernhard Marewski

Artikel mit Grafiken

Nahezu fünfzehn Millionen Übernachtungen verzeichnete Finnland im Jahre 1997, davon entfielen auf ausländische Besucher etwa ein Drittel. Statistisch gesehen hat also jeder Finne oder jede Finnin zweimal im Jahr fremd geschlafen. Bevorzugte Regionen der Finnen waren Westfinnland (24 %), das mittelfinnische Seengebiet (20 %) und Südfinnland (19 %). Knapp die Hälfte (48 %) der Ausländer blieb in Südfinnland, erst mit weitem Abstand folgten Westfinnland (14 %), Mittelfinnland und Lappland (jeweils11 %).
Schweden, Russen und Deutsche
An der Spitze der ausländischen Besucher standen - natürlich - die Schweden mit über 625.000 Übernachtungen, gefolgt von den Russen (547.000) und den Deutschen (453.000). Aus diesen drei Ländern kamen etwa 45 % aller ausländischen Besucher, die restlichen verteilten sich auf England/Irland, USA, Norwegen, Japan (über 131.000!) und andere.
Bevorzugtes Reiseziel der Schweden waren die sehr nahe gelegenen Aland-Inseln sowie Süd- und Westfinnland, die restlichen 13 % verteilten sich ziemlich über das ganze Land.
Über 57 % der Russen nahm den kurzen Weg nach Südfinnland, mit Abstand folgte Ostfinnland (15 %) und die Gegend von Kainuu.
Und die Deutschen? Ein Drittel zog es nach Südfinnland. Lieblingsregion Nr. 2 der Deutschen war allerdings Lappland mit einem Anteil von 22 % Übernachtungen; es folgten (14 % Anteile und weniger): Ostfinnland, Mittelfinnland und Westfinnland.
Deutsche in Lappland an der Spitze
Wie im Landesdurchschnitt lag auch in Lappland bei Übernachtungen das Verhältnis Ausländer zu Finnen bei etwa 1:3. Unter den ausländischen Besuchern Lapplands nahm die Deutschen die absolute Spitzenstellung ein (dies gilt auch für die südöstlich angrenzende Region Kuusamo; jeweils etwa ein Viertel aller ausländischen Übernachtungen). Es übernachteten 1997 mehr Deutsche in Lappland (knapp 100.000) als Gäste aus den nachfolgenden drei Ländern zusammen: Rußland, Norwegen und Frankreich (jeweils um 30.000).
Rovaniemi, die Hauptstadt Finnisch-Lapplands, war bevorzugter Übernachtungsort bei den Deutschen (24.000 Übernachtungen), bei den Russen (15.500) und allen ausländischen Gästen. Finnen zog es eher nach Kittilä und Saariselkä (letztere Region stand auch auf Platz 2 der Deutschen).
Kommen die Moskitos, kommen die Deutschen, Mos-kiitos! Gab es im Mai 1997 noch knapp 300 Übernachtungen von Deutschen, so verzwanzigfachte sich die Zahl im Juni, und im Monat danach ging‘s auf der Skala noch einmal hoch: Mit über 7.000 Übernachtungen im Juli waren die Deutschen in Rovaniemi Spitzenreiter im Monatsmittel unter allen fremden Gästen. Zum Skiwinter kommen die Deutschen im Februar (4.000 Übernachtungen).
Joulupukki lockt
Ganz anders die nachplazierten Übernachtungsgäste: „Mütterchen Rußland besucht Joulupukki”. Im Dezember 1997 kgab es fast viermal soviel Übernachten von Russen (4.000) nach Rovaniemi als von Deutsche. Engländer folgten mit einigem Abstand, ebenso die Japaner und Franzosen (in dieser Reihenfolge!).
Schließlich: Wer glaubt, der Sommermonat Juli sei der besuchsreichste Monat, der hat recht. Allerdings schliefen die meisten Finnen im Juni (17.500) und die meisten Ausländer - im Dezember (22.900) in Rovaniemi.
Der Weihnachtsmann mag wissen, warum.

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Kinder von Sonne und Mond
Die Saamen in Finnland

Die Saamen (auf saamisch „sápmelaš“) gehören zu den Urvölkern Europas. Das Gebiet, das von Saamen bewohnt wird, genannt „Sápmi“, reicht von Mittel-Norwegen und -Schweden über Nord-Finnland bis zur Kola-Halbinsel in Rußland. Heute zählt man über 75.000 Saamen, wovon die meisten in Schweden leben.
In Finnland gibt es 6.500 Saamen. Davon wohnen 4.000 Personen in ihrem Heimatgebiet, in den Gemeinden von Enontekiö, Inari und Utsjoki sowie der Nordteil der Gemeinde von Sodankylä.
Die Saamen sind traditionell durch Verwandtschaft, Sprache, Glauben, Wohnverhältnisse und Gewerbe miteinander verbunden. Ihre Zugehörigkeit ist äußerlich meist an ihren Trachten erkennbar.
Das gemeinsame Nationallied der Saamen ist das von Isak Saba 1906 geschriebene „Lied der Saamen“ das mit den Worten endet „das Saamen-land den Saamen“. In der Flagge der Saamen, die man 1986 geschaffen hat, spiegeln sich die blau-gelb-grün-roten Farben der saamischen Kleidung wider. Der Nationaltag der Saamen ist der 6. Februar.
In den letzten Jahrzehnten hat sich die saamische Zusammenarbeit auf den gesamten Staat und über die Staatsgrenzen hin erstreckt.
Das Urvolk des Nordens
Nach saamischer Überlieferung hatte das saamische Volk bereits in der Zeit vom Jahr 325 vor Chr. bis 100 nach Chr. eigene Gemeinwesen gebildet. Diese entwickelten ihre eigenen Gewerbe, ihre Religion, ihre Ornamentik, Metallverarbeitung und ihren Handel. In den Jahren 1251 – 1550 verhandelten die Staaten Norwegen, Rußland (Novgorod) und Schweden, die das Sápmi-Gebiet umgaben, untereinander hinsichtlich Grenzverlauf und Besteuerung der saamischen Gebiete. Das heutige finnische Gebiet gehörte damals zum schwedischen Staat und zur katholischen Kirche, an die auch Lappland angeschlossen wurde. Zur Zeit der schwedischen Herrschaft (1551-1808) waren die Saamen eine Volksgruppe, die in Bezug auf ihre Recht und Pflichten mit Bauern gleichgesetzt waren. Sie betrieben innerhalb der Grenzen ihres „Lappen-dorfes“ als Hauptgewerbe Rentierwirtschaft, Fischfang und Jagd, aber ohne Häuser zu bauen oder Land zu bestellen. Die Saamen hatten ihr Land und Gewässer in ständigem Besitz und bezahlten dafür dem Staat die „Lapplandsteuer“. Die Karte Lapplands hatte damals als Maßstab die „lappische Meile“. Im Jahre 1602 wurde den Saamen eine Vertretung im Reichstag zugebilligt, und der Schwedische König war auch „König der Lappen von Norrland“. Die Saamen unterstanden dem Schwedischen Rechtswesen sowie der Verwaltung und Kirche. Im Jahre 1751 verboten Schweden und Norwegen durch ihren Grenzvertrag den Saamen den „Besitz von Steuerland“ in mehr als einem Staat. In der nachfolgenden Zeit wurden dann die Vertreter der Saamen aus dem Reichstag ausgeschlossen, und die Saamen hatten gegenüber dem Staat fast nur Verpflichtungen.
Im Jahre 1808 vereinnahmte Rußland Finnland, wobei das geltende Recht weitgehend beibehalten wurde. Danach bestimmten Schweden, Norwegen, Finnland und Rußland den Verlauf der Staatsgrenzen auf den Gebieten der „Lappendörfer“.
Saamen im unabhängigen Finnland
Im Jahr 1917 wurde Finnland selbständig. Die Rechte der Saamen auf Land und Gewässer wurden nicht formuliert, ebensowenig ihre Mitwirkung im Parlament.
Die wirtschaftliche Grundlage für die Kultur der von Jagd lebenden Saamen war inzwischen ziemlich zerstört durch die Ausrottung der wichtigsten Wildtiere, Biber und wildes Ren. Durch den Rückgang des Wildes verringerte sich die Gebietsnutzung durch die Saamen, ihre Landsteuern verringerten sich und wurden schließlich durch ein 1924 erlassenes Gesetz ganz aufgelöst. Gleichzeitig löschte man die Saamen aus den Grundbesitzbüchern. Ihre Rechte wurden „vergessen“, und man beschrieb sie in der Literatur allgemein als Kolonisten. In die „ungenutzten“ Gebiete der Saamen zogen „Neusiedler“, denen vom Staat die Rechte auf Ländereien und Gewässer zugesprochen wurden. Ein Teil der Saamen gründete ebenfalls Neusiedlungen auf eigenem Land. Der Staat entschied - ohne Rechtsgrundlage - als Besitzer über das „Staatsland“, das außerhalb der Siedlungen lag. Als Rechtfertigung wurde vorgebracht, daß „Staatsland“ immer dem Staat gehört habe, weil es keinen Besitzer gegeben habe (res nullius).
Auch heute betreibt der Staat die Nutzung, Abtretung und Verpachtung des „Staatslandes“ und schließt die Saamen in verschiedenen Beziehungen aus.
Seit 1973 wählen die Saamen aus ihrer Mitte ein Vertretungsorgan – das Sámi Parlamenta (Saamisches Parlament), seit 1991 werden die Saamen auch im finnischen Reichstag gehört. Aufgabe der 20 Mitglieder ist es vor allem bei Entwicklungsprojekten über die Rechte und Ansprüche er Saamen zu wachen und den Behörden sowohl Vorschläge zu machen als auch Stellungnahmen abzugeben. Die Vertreter der Saamen haben aber bis heute weder die Macht noch sachgerechte Mittel, über wichtige Dinge, die sie direkt betreffen mit zu entscheiden.
Die Saamen haben in Gemeinde und Staat die gewöhnliche verwaltungspolitische Stellung aller finnischen Bürger. Bestimmte Rechte auf Land Wasser und traditionelle Gewerbe, die die Saamen ihrer Meinung nach haben, gesteht ihnen aber das finnische Gesetz nicht zu. Und die Saamen sehen ihren Besitz in der Praxis nicht gleich gut geschützt wie der Besitz der Bürger allgemein.
Nach heutiger Rechtssprechung hat ein saamischer Schüler in seinem Heimatgebiet das Recht auf saamisch-sprachigen Unterricht, und seit 1992 kann man auch bei Behörden das Saamische mündlich und schriftlich benutzen.
Insgesamt sehen die Saamen jedoch ihre Rechte als Urbevölkerung unter Berufung auf die internationale Menschenrechtskonvention noch nicht umfassend verwirklicht.
Dagmar Faust
nach: Die Saamen in Finnland, Veröffentlichung des Saamenparlamentes Nr. 4, 1994

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Bräuche im finnischen Lappland bis 1945

Brautwerbung
Die offizielle Einleitung der Eheschließung bildete die Brautwerbung. Als Brautwerber fungierte meistens der Vater, ein Anverwandter oder Freund, der zunächst stellvertretend für den Bräutigam das Ansehen und Vermögen der Brautfamilie auskundschaftete, die Chancen auf die Zustimmung zu einer Hochzeit und dann die Mitgift aushandelte und sonstige Vermögensangelegenheiten regelte.
Zum Besuch bei der Brautfamilie brachte der Brautwerber möglichst viele Geschenke und vor allem Schnaps mit, und es soll nicht selten zu einer Verzögerung der Zustimmung gekommen sein, nur um in den Genuß weiterer (Schnaps-)Geschenke zu kommen.
Braut und Bräutigam kamen bei der Brautwerbung nicht zu Wort. Brautwerber und Brautfamilie wählten die Partner nach Vermögen bzw. Mitgift, Gesundheit und Arbeitsfähigkeit der Braut (seltener auch des Bräutigams) aus; außerdem durften sie nicht blutsverwandt sein.
Hochzeit
Die Hochzeit fand mit einer Trauungszeremonie in der Kirche statt. Die Braut trug eine Krone aus bunten Schnüren, die später bei der Hochzeitsfeier zu Hause vom sogenannten Hut der Ehefrau (vaimonlakki) ersetzt wurde - ein Zeichen für den sozialen Status der Ehefrau.
Die Hochzeitsfeier im Hause der Braut mit deftigem Essen, Trinken und Gesang konnte zwei bis drei Tage, manchmal auch länger dauern. Hierzu gab es Rentier in vielen Variationen und verschiedene Fischgerichte.
Nach dem Essen beschenkten die Gäste das Hochzeitspaar und erhielten dafür als Gegengeschenk wiederum Schnaps. Die wertvollsten Geschenke waren natürlich Rentiere, außerdem beliebt waren Fisch- netze, Boote, Kälber, Lämmer, Werkzeuge.
Erst danach wurde die Ehefrau „heimgeführt“, was für sie nicht selten bedeutete, daß sie ihren Mann noch mit einer Nebenfrau – oft ihrer eigenen Schwester – teilen mußte.
Sehr viel Einfluß auf die Hochzeitbräuche hatten die Wetterbedingungen, denn die Entfernungen zwischen den in Frage kommenden (vermögenden) Familien waren oft riesig, und die Brautmutter kam oft erst zur Geburt des ersten Kindes bei der Ehefrau zu Besuch.
(gekürzt, nach einem Bericht von Mervi Vaarala, Wiesbaden, in LN DFG Hessen 3/98)

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Sámische Literatur in Übersetzungen
von Uwe Lorenz

Die finnische Literatur zählt man zu den kleinen Literaturen in Europa. Wie ist dann aber eine Literatur zu bezeichnen, die in einer Sprache verfaßt wird, die von den 5.143.000 Einwohnern des Landes gerade mal 1.700 sprechen?
Die Rede ist hier von der sámischen Literatur. Trotz der insgesamt geringen Zahl von sámischen Muttersprachlern, die sich noch auf eine Reihe von recht verschiedenen Dialekten verteilt, gibt es doch ein erstaunlich reichhaltiges literarisches Schaffen dieses insgesamt über vier Staaten verteilten Volkes. Und was eigentlich noch erstaunlicher ist, diese im Wortsinn randständige Literatur ist auch noch überraschend gut durch deutsche Übersetzungen dokumentiert. Die einzelnen Autoren stammen dabei durchaus aus verschiedenen sie umgebenden Mehrheitskulturen, die Literatur der aus Finnland stammenden Sámen ist aber insgesamt gut vertreten.
Schon früh richtete sich in Mitteleuropa das Interesse auf die lappländische Poesie. Ihre spezifische Ausdrucksform sind die Joikus, Gesänge, die im Deutschen auch Joiks oder Juoiks genannt werden. Bereits aus dem 17. Jahrhundert sind uns Übersetzungen solcher Lieder überliefert. Eine Dokumentation von Andreas F. Kelletat zu dieser frühesten Rezeption findet sich in der Zeitschrift Trajekt 2/1982 auf S. 107ff. Sie bezieht sich auf ein „Brautlied” und den Joiku „Kulnasadz, mein Ren”. Etwa 100 Jahre später hat uns Gottfried Herder ebenfalls Stücke dieser Volkspoesie überliefert. Bis in die heutige Zeit hat sich die Tradition des „Joikens” erhalten. Neben den tradierten Inhalten dieser Kunstform, die eigentlich Meinungen und Gefühle zu Personen, Landschaften und Tieren artikuliert, nutzen heutige Dichter diese Form auch, um politischen Protest zu transportieren, oder einfach nur als Grundlage für eine moderne Unterhaltungsmusik. Wegen der besonderen Eigenheiten der sámischen Sprache ist es ausnehmend schwierig, die Texte dieser Joikus angemessen zu übersetzen. Neben verstreuten Veröffentlichungen geben besonders zwei Bücher einen Einblick in diese in Europa einzigartige Form der Poesie. Da ist zum einen Erich Wustmann: Klingende Wildnis, Eisenach und Kassel, 1956. Wustmann verpackt seine Forschungen über Liedkultur und Ethnologie in eine leicht lesbare Erlebniserzählung. Sie enthält viele Text- und Notenbeispiele. Neueren Datums ist dagegen H.U.Schwaar (Hg.): Nordland. Lieder und Gedichte aus Lappland. Frauenfeld, 1991. Der Band vereinigt sowohl sámische Autoren als auch Lappland-Finnen.
Auch Märchen und Sagen, Geschichten, Legenden und Mythen der Sámen sind gut dokumentiert. Die bekannteste Sammlung ist wohl die von Robert Crottet: Verzauberte Wälder, zuletzt wieder neu erschienen bei Ullstein, Frankfurt/M. und Berlin, 1993. Crottet hat die erzählten Geschichten bei den Skolt- und den Utsjoki-Lappen gesammelt. Es sind Märchen, Schnurren und Mythen bunt durcheinander. Crottet gibt sie in Erzählweise wieder, die recht unterhaltsam ist. Vielleicht macht aber gerade das die Geschichten lebendiger als authentischere, dafür manchmal etwas steif wirkende Sammlungen. Von 1913 stammt das 1989 bei Reclam in Leipzig erschienene Bändchen von Valdemar Lindholm: Märchen und Sagen aus Lappland. Die Sammlung dokumentiert die Vielfalt sámischer Volksüberlieferungen und gibt Auskunft über Wesenseigenarten und ihre Deutung im Volksglauben. Kolalappische Märchen finden sich in Heft 5/1985 der schon erwähnten Zeitschrift Trajekt. Sie sind dem 1967/68 in Göttingen erschienenen Band Kolalappischer Volksdichtung, hg. v. László Szabó entnommen. Diese Märchen haben zwar oft eine märchenhafte Thematik, weisen aber sonst den uns vertrauten Märchencharakter fast nicht auf. Sie wirken auf mich überwiegend eher wie von einem animistischen Weltverständnis geprägte Berichte aus längst vergangener Zeiten über die historische und soziale Wirklichkeit der Sámen im Schnittpunkt der Interessen der sie umgebenden Völkerschaften. Die meines Wissens letzte Neuerscheinung mit dieser Thematik ist: SÁPMI. Mythen und Sagen der Sámen und ihr religiöser Hintergrund. Übersetzt von H.U. Schwaar. Frauenfeld: Waldgut, 1996.
Eine besondere Rolle in der sámischen Literatur spielt Leena Morottaja. Sie übersetzte zunächst nur für den Lappischen Bildungsverband alte russische Dokumente über Lappland. Gewissermaßen als Nebenprodukt entstand bei dieser Arbeit zunächst in finnischer, dann auch in sámischer Sprache der Band „Dieses Land war unser Land”, eindrucksvolle Prosagedichte zur sámischen Geschichte. Ausschnitte daraus wurden veröffentlicht in der Zeitschrift “die horen”, Heft 133, in Trajekt 5/85 und in der Anthologie „Nordland”.
Erzählende Texte einzelner Schriftsteller und Dichterpersönlichkeiten erschienen in der Hauptsache erst in diesem Jahrhundert. Eines der ersten dieser Werke, das erstmalig 1910 erschienene Werk von Johan Turi: Erzählung von dem Leben der Lappen ist als Übersetzung zuletzt in Frankfurt 1993 erschienen. Hier berichtet Turi aus seinem reichhaltigen Leben als Jäger und Renhirt. Er erzählt die Sagen und Lieder seiner Leute, berichtet von der Jagd auf den Bären und den Wolf und vom Leben im Winterlager und auf den beschwerlichen Wanderungen über die Fjälls im Frühjahr und Herbst. Seine Beobachtungen, seine Freude am Detail und die einprägsame Anschaulichkeit der Erzählungen fügen sich zu einem bemerkenswertem Lehrbuch über die Lappen und ihr Leben. In dieser Tradition der Geschichtsschreibung durch Geschichten kann man sich den jüngst erschienenen Roman von Kirsti Paltto: Zeichen der Zerstörung , Mannheim 1997, sehen. Paltoo erzählt hier von dem Leben der sámischen Bevölkerung nach der Evakuierung vor den Kriegshandlungen in ihrer Heimat und von dem schweren Anfang in dem verwüsteten Lappland nach dem 2.Weltkrieg. Am Beispiel des Schicksals der sámischen Naali-Sippe in den Jahren 1944 bis etwa 1946 veranschaulicht sie, wie harsch die Politik der nordischen Nationalstaaten und der Krieg in die Lebenszusammenhänge der sámischen Bevölkerung eingegriffen haben, wie wenig diese auf die damit verbundenen Veränderungen eingestellt war und wie unsicher und unterschiedlich sie auf die Entwicklung reagierte.
In den siebziger Jahren lag das Schwergewicht sámischer Literatur auf der Lyrik. An erster Stelle ist hier Kirsti Paltto zu nennen, auch Rauni Magga Lukkari, Paulus Utsi, Nils Mathis Vars und natürlich Nils-Aslak Valkeapää. Obwohl diese Dichtungen wohl nur einen kleinen sámischen Leserkreis erreichten, so erzielten sie doch ein beachtliches internationales Echo. Alle diese Autoren liegen mit Proben ihres Könnens auch auf Deutsch vor. Wer neugierig auf ihre Gedichte ist, dem sei empfohlen, in den Jahrbüchern für finnisch-deutsche Literaturbeziehungen 12/1978, 22/1990 und 24/1992 nachzulesen, in der Zeitschrift Trajekt 1/1981 und 5/1985 sowie besonders in der Anthologie Nordland (s.o.). Die Aufzählung der ins Deutsche übersetzten Lyriker ist natürlich nicht erschöpfend. Über die angeführten Autoren hinaus sind auch noch weitere Lyriker übersetzt worden.
Aber bereits vor dieser für die Lyrik fruchtbaren Periode waren schon Sámen als Dichter hervorgetreten. Der erste, der die sámische Sprache nicht nur als ein reines Vehikel zur Übermittlung von Botschaften sah, war Aslak Guttorm. In seinem 1940 veröffentlichten Prosaband Koccam spalli (Aufkommender Sturm) dokumentierte sich unverkennbar künstlerischer Anspruch. Der Band enthält 10 Gedichte und sechs Erzählungen in tunturilappischer Sprache. Die Gedichte wurden 1978 im Jahrbuch für finnisch-deutsche Literaturbeziehungen in Übersetzung veröffentlicht. Über den literarischen Bereich hinaus haben auch vereinzelt Essays sámischer Autoren Interesse beim deutschen Publikum gefunden. Verwiesen sei hier auf den Beitrag: Die Situation der schwedischen Lappen heute von Ulla-Karin Skarpa-Sarri in: Tintenfisch 10, Berlin 1976.
Über Lappland und seine Bewohner gibt es natürlich auch eine ganze Reihe von erzählenden und lyrischen Werken finnischer Autoren und von Leuten, die sich dieser Weltgegend besonders verbunden fühlen. Auf sie einzugehen, wäre aber ein anderer Artikel. Wer Lust hat, sich in die Literatur derjenigen einzulesen, die als einzige wirklich authentisch über Lappland sprechen können, dem empfehle ich jetzt den Besuch in seiner heimischen Bibliothek. Und was dort nicht direkt zugänglich ist, ist leicht über den auswärtigen Leihverkehr zu besorgen.
Neben den in dem Artikel angeführten Werken bin ich auch dem Aufsatz von Veli-Pekka Lehtola: Vom Tierfell zu uferlosen Ufern. Zur Geschichte der lappischen Literatur, in Trajekt 5/85 für seine Informationen dankbar. UL

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Rezension zu Juha Pentikäinen:
Die Mythologie der Saamen
Vom Leuchten der Vagina

„Beim Beobachten von sibirischen Schamanen ist mir aufgefallen, daß viele von ihnen vor der Klimax der Ekstase zittern.”, schreibt Juha Pentikäinen in seinem – nun auch in deutscher Sprache vorliegenden – Buch „Die Mythologie der Saamen”. Eine „Klimax der Ekstase” ist beim Rezensenten während der Lektüre ausgeblieben. Vielmehr ist diesem aufgefallen, daß vom Verlag anscheinend die Lektoratsstelle eingespart wurde. Kaum eine Seite, auf der nicht mehr oder minder grobe Schnitzer unterlaufen sind: fehlerhafte Rechtschreibung, inhaltliche Ungenauigkeiten („der Mann ist bedeutend älter als die Frau und umgekehrt”), Trennungsfehler en masse. Und das ist ärgerlich, sehr ärgerlich für einen Titel, den es in vergleichbarer Form so schnell nicht wieder auf dem deutschen Markt geben wird.
Inhaltlich geht Pentikäinen zunächst auf methodische Fragestellungen ein, um dann Siedlungsgebiet und Herkunft der Saamen zu erläutern. Dabei betrachtet er diese ebenso wie die Finnen als die „Nachkom-men einer Urbevölkerung, die sich bald nach der Eiszeit in Fennoskandien niederließ.”
Im Hauptteil des Buches werden die verschiedensten Formen der Mythologie ausgeführt: u. a. Tiermythen, Kosmologie, Glaubensgestalten, Geburt und Tod. Breiter Raum wird dem Schamanismus eingeräumt. Der „Noaidi” – der Schamane der Saamen – galt als Mittler zwischen den Menschen und der übernatürlichen Welt. Um Kontakt zu dieser zu erlangen, versetzte sich der Noaidi durch Singen und rhythmisches Schlagen seiner Zaubertrommel in Trance – ein Zustand, der als „Seelenwanderung” gedeutet wurde. Darüber hinaus war nach Pentikäinen die Heilung von Kranken die „wichtigste praktische Aufgabe des Schamanen”.
Einen weiteren Schwerpunkt der Betrachtung bilden die Kontakte zwischen traditioneller „ethnischer” und der sich vor allem ab dem 17. Jh. nach Norden ausdehnenden christlichen Religion. Daraus ergaben sich vielfältige Konflikte; so galten in den Augen der Missionare Opferzeremonien und Schamanismus als „Götzendienst” und „Hexerei”. Andererseits vermochten die Saamen Elemente der christlichen Symbolik in ihre Mythologie aufzunehmen, was z. B. an den sich wandelnden Bestattungsformen deutlich werde. Die gleichzeitige Existenz dieser beiden Traditionen – der „ethni-schen” und der christlichen – spiegelt sich nach Pentikäinen im Wirken Lars Levi Laestadius’, des saamischen Predigers und wichtigsten Vertreters der „Erweckungsbe-wegung”, wider.
Die Gegenwart – die Zeit, in der verschiedene saamische Dialekte bereits ausgestorben, andere vom Verschwinden bedroht sind; einer Zeit, in der die Saamen eine Minderheit im eigenen Land bilden – betrachtet der Autor als Phase des kulturellen Umbruchs. Seine Prognose: „Untergang durch nur noch musealen Charakter und/oder Assimilation oder ein Neugewinn an Vitalität durch Erneuerung auf der Basis der wertvollen Überlieferung.” (welch eine Ausdrucksweise!) Pentikäinen vergleicht die Jetztzeit explizit mit der des „nationalen Erwachens” der Finnen im 19. Jh. – eine Einschätzung, die allerdings die völlig unterschiedlichen politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen außer acht läßt. Eine Selbstverwaltung – wie sie die Inuit Kanadas noch vor der Jahrtausendwende erreichen werden – erscheint schon aufgrund der Aufteilung des saamischen Siedlungsgebietes auf vier Länder als unwahrscheinlich.
Alles in allem: Das Buch hätte bei sorgfältiger Übersetzung durchaus zu einem Standardwerk im deutschsprachigen Raum werden können, die Chance dazu wurde jedoch vergeben. Insbesondere die Vielzahl der Fehler sowie einige Längen – z. B. erwähnt der Autor gleich zweimal, auf den Seiten 184 und 252, daß ein saamischer Heiler Pentikäinens Vornamen auf „Jouni” abwandeln wollte – haben dies verhindert. Und dazu diese sprachlichen „Klimaxe”! Oder haben Sie schon mal auf einem Trommelfell die Zeichnung einer Sonne entdeckt, „die wie eine Vagina leuchtet”?
Thomas Barow
Juha Pentikäinen: Die Mythologie der Saamen. Aus dem Finnischen von Angela Bartens, Ethnologische Beiträge zur Circumpolarforschung, Band 3, Erich Kasten (Hg.), Reinhold Schletzer Verlag, Berlin 1997; ISBN 3-9215339-62-5, 78,- DM

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Fjälls, Tundra, Moortorfhügel
Enontekiö - Hetta
Wandern, Kanufahren und Festivals

Irgendwo zwischen der Westsahara und Grönland, nicht nur geographisch sondern auch statistisch gesehen, liegt Enontekiö. Die Westsahara hat 0,6 Einwohner je qkm und Grönland 0,02. Mit 0,3 Einwohnern je qkm liegt die Gemeinde Enontekiö gut dazwischen. Etwa 2.500 Einwohner teilen sich 8.463 qkm. Genug Platz, um in „Finnlands Arm“ und die sich bis Finnmark erstreckende Fjällhochebene Muße zu finden. In Enontekiö befindet sich der Besucher an der äußeren Grenze der Vegetation. Hier entspringen die Flüsse Ounas- und Muoniojoki. Im Nordteil des „Arms von Finnland“ trifft man nur auf baumlose Tundra. Die Fjälls steigen auf über 1.000 m an und der höchste, der Halti, ist 1.326 m hoch.
Eine wichtige Rolle spielt in Enontekiö immer noch der Haupterwerbszweig der Samen, oder wie sie in Deutschland genannt werden, der Lappen, die Rentierzucht. Die jährliche Wanderung der Tiere fördert dagegen eine andere „Industrie“. Der Fremdenverkehr mit seinen verschiedenen Dienstleistungen und Nebengewerben steht heute an erster Stelle der Region. Wenige Touristen sieht man allerdings beim jährlich stattfindenden historischen „Marianpäivä“ in Hetta, dem Hauptort der Region. Vielleicht liegt das daran, daß eine Woche vor Ostern die Temperaturen deutlich unter 0 Grad Celsius fallen können und Freizeitvergnügen auf einem See bei mehr als -20 Grad nicht dem Geschmack der meisten Mitteleuropäer entspricht. Hier sind dann die Samen mit wenigen Gästen unter sich. Die ganz Kleinen in ihrer ursprünglichen Tracht sind dabei von den Verlockungen eines westlichen Jahrmarktes mit Luftballons und diversen Schleckereien durchaus angetan. Wettkämpfe, die leider noch nicht zu den olympischen Disziplinen zählen, sind der besondere Reiz des Tages. Stellvertretend für alle Ausscheidungen seien einmal das Lassowerfen der heranwachsenden Damen und das Rentierrennen der männlichen Jugend genannt. Auf Langlaufbrettern von einem Rentier gezogen zu werden und dabei „standhaft“ zu bleiben, bedarf schon einiger Anstrengungen. Die „Lenkung“ des Tieres über zwei Zügel funktioniert auch nicht immer einwandfrei, so daß manchmal Rentier und Skiläufer unterschiedlicher Meinung sind und mancher Sportler nicht ans Ziel kommt.
Neben Ähtäri ist Hetta einer der finnischen Orte, die sich an den Wettbewerben des Baus von Schneeskulpturen beteiligen. Als Gast, der sowohl die Schneeskulpturen von Ähtäri wie auch von Hetta kennt, fällt es schwer zu entscheiden, wo die größten Baumeister zu Hause sind. Die Schneeburg, die wir vor einigen Jahren in Hetta antrafen, war nicht nur ein Kunstwerk, sondern erfüllte ihren Zweck auch als Spielplatz und Vergnügungszentrum für die Kinder von Hetta und die der Gäste.
Zu den Attraktionen von Enontekiö gehören zu Ostern die „Hetta Musikfeste“ und zum Ende des Sommers die Kanuwettbewerbe „Arctic Canoe“ in Kilpisjärvi. Im Südteil der Gemeinde liegt der 1938 gegründete und etwa 500 qkm große Nationalpark Pallas-Ounas-tunturi. Nicht vergessen sollte man das Naturschutzgebiet Saana und Malla in Kilpisjärvi und die seltenen und besonderen Moortorfhügel „pai- sasuokummut“ in Iitto, deren Inneres nie schmilzt. Massentourismus gibt es in Enontekiö nicht, so daß jeder Gast eine Unterkunft findet. Bei einem Alternativurlaub sind die baumlosen Fjällhöhen von Enontekiö, Kittilä und Muonio leicht begehbar und vermitteln dem Wanderer sicherlich ein ungeahntes Gefühl von Freiheit. Beachten sollte jedoch jeder, daß diese „Freiheit“ auch eine sachgemäße Vorbereitung voraussetzt, wie sie zum Beispiel bei einer Hochgebirgswanderung in den Alpen selbstverständlich ist.
Josef van der Wyst


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